Gewalt gegen Frauen ist die vielleicht schändlichste aller Menschenrechtsverletzungen. Sie kennt keine Grenzen, weder geographisch noch kulturell, noch im Hinblick auf materiellen Wohlstand. So lange sie anhält, können wir nicht behaupten, dass wir wirklich Fortschritte in Richtung Gleichstellung der Geschlechter, Entwicklung und Frieden machen.
Kofi Annan
ehem. Generalsekretär der Vereinten Nationen (1997 – 2006), New York, Juni 2000
Die “Domestic Violence Sisterhood” ist eine Initiative innerhalb des Vereins Kenyan Women in Germany e.V.
Es ist eine Initiative, die im Mai 2019 begann und die Bedürfnisse kenianischer Frauen in Bezug auf alle Aspekte der häuslichen Gewalt erfüllen will.
Unser Ziel ist es, alle Formen geschlechtsbezogener Gewalt gegen kenianische Frauen aufzuzeigen und zu bekämpfen, die Frauen zu befähigen, mehr Kontrolle über ihr Leben zu erlangen, ohne Angst vor Gewalt zu leben und ihre Menschenrechte auf Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit durchzusetzen. KWIG Domestic Violence Sisterhood arbeitet mit lokalen Organisationen zusammen und bietet Unterstützungsdienste an, die es Frauen und ihren Kindern ermöglichen, Gewaltbeziehungen zu entkommen und in Würde zu leben.
Unsere Vorgehensweise
Unsere sensible und ganzheitliche Unterstützung zielt darauf ab, Missbrauchsopfern zu helfen, der Gewalt zu entkommen, Traumata zu bewältigen und ihr Leben wiederaufzubauen. Wir glauben, dass niemand in Angst vor Gewalt und Missbrauch leben muss. Wir hören zu, wir unterstützen, wir kümmern uns.
Unsere Initiative bietet Beratung, Empowerment Programm, Ressourcen und Selbsthilfeunterstützung in Englisch, Kisuaheli und in unseren lokalen ethnischen Sprachen aus Kenia zur Verfügung. Obwohl unser Fokus auf den Bedürfnissen kenianischer Frauen liegt, werden wir keine Frau aus einem anderen Land abweisen, die dringend Hilfe benötigt.
Wie jedes Jahr wird in diesem Jahr der internationale Frauentag weltweit gefeiert.
Wir, „Domestic Violence Sisterhhod“, haben eine klare Botschaft für diesen Tag.
Migrantinnen, die Gewalt erleben, haben das Recht, Hilfe und Unterstützung zu suchen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Viele haben jedoch Angst vor Abschiebung.
Migrantinnen, die ihren Aufenthaltsstatus erst durch die Ehe mit einem Deutschen oder hier mit festem Aufenthaltstitel lebenden Migranten erworben haben, sind auch aufenthaltsrechtlich von diesem Mann abhängig. Migrantinnen, die zum zusammenführenden Ehepartner nachgezogen sind, erhalten erst dann ein eigenständiges Aufenthaltsrecht in Deutschland, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft grundsätzlich mindestens seit drei Jahren im Bundesgebiet bestanden hat (§ 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Aufenthaltsgesetz).
Wenn eine ausländische Frau von Gewalt betroffen ist und sich von ihrem gewalttätigen Ehemann trennen will, so kann dies Einfluss auf ihren Aufenthaltstitel haben. Dieses Gesetz diskriminiert die Opfer mit unsicherem Status und beraubt sie ihres Grundrechts, frei von Missbrauch und Gewalt zu leben. Es kann sogar ihr Leben gefährden und lässt die Täter straflos davonkommen.
Viele gewalttätige Männer nutzen dieses Gesetz, um ihre Ehefrauen fest in der Ehe zu halten. Den Frauen droht Abschiebung, wenn sie Hilfe suchen.
Fall A
Frau Brown aus Kenia war 7 Jahren mit einem Deutschen Mann verheiratet. Sie erlitt physische, psychische und ökonomische Gewalt durch ihren Ehemann. Frau Brown hat eine 12-jährige Tochter in die Ehe mit eingebracht. Als sie 15 wurde sagt ihr Ehemann, „ich fühle mich von Kindern sexuell angezogen.“ Frau Brown hatte ständig Angst gehabt, dass ihr Mann ihre Tochter sexuelle missbrauchen könnte. Trotzdem konnte sie den Mann nicht verlassen, da er ihr mit Abschiebung drohte. Eines Tages kam Frau Brown mit ihrer Tochter von einem Besuch einer Freundin und konnte nicht mehr in die gemeinsame Wohnung, da der Mann das Türschloss ausgewechselt hatte. Mit Hilfe von KWIG ging sie ins Frauenhaus und dort konnte sie ein neues Leben ohne Gewalt aufbauen. Es gelang ihr, eine Ausbildung zur Bürokauffrau zu machen.
Nach der Scheidung erhielt sie ein Schreiben vom Rechtanwalt ihres ex-Mannes, dass sie Unterhalt für ihn bezahlen muss, weil sie mehr versdient. Das war ein Schock für Frau Brown. Sie muss einem Mann, der sie 7 Jahre lang missbraucht hat, Unterhalt bezahlen. Das ist wie ein Albtraum, der kein Ende hat und der Frau das Gefühl gibt, dass ein Krimineller wird für seine Tat belohnt wird. Frau Brown ist sehr traumatisiert und Terror hört nicht auf.
Wir, „Domestic Violence Sisterhood“, wünschen eine Veränderung. Kein Täter hat es verdient, Unterhalt vom Opfer zu bekommen. Wir sagen: „Wer schlägt, der bekommt keinen Unterhalt“.
Fall B
Frau John lernt ihren Mann in Kenia kennen und sie haben dort geheiratet. Nach drei Jahren Ehe kam sie in Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland. Frau John ist gelernte Labortechnikerin und hatte viele Jahren in Kenia gearbeitet. Mit ihren Qualifikationen wäre es kein Problem, in Deutschland Fuß zu fassen, dachte sie. Ihr Albtraum fing in der zweiten Woche in Deutschland an. Sie war gezwungen, in völliger Isolation zu leben, sie durfte keinen Deutschkurs besuchen, ihr war verboten, zur Arbeit zu gehen, Freunde zu besuchen oder einzuladen. Der Ehemann kontrollierte jeden ihrer Schritte und manchmal sogar ihr Handy. Sie wurde beschimpft, angeschrien und geschlagen. Als sie es nicht mehr aushalten konnte, rief Frau John KWIG an und bat um Hilfe.
KWIG kontaktierte ein Frauenhaus und die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses konnten Frau John in Sicherheit bringen.
Frau John musste ihre Aufenthaltstitel verlängern lassen. Leider wurde der Antrag von der Ausländerbehörde abgelehnt.
Begründung: Frau John war nur 11 Monate mit ihrem Mann in Deutschland. Die Zeit ihrer Ehe, in der sie noch in Kenia lebte, zählte nicht.
Sie verfügte über kein eigenes Einkommen und so ist ihr Lebensunterhalt nicht gesichert.
Durch Unterstützung eines Rechtanwalts wird ihr Aufenthaltstitel jedes Mal für drei Monaten verlängert. Leben in ständigen Angst belastet sie psychische weiter.
Wir „ Domestic Violence Sisterhood,“ fordern :
- klare Richtlinien, was unter Härtefallregelung gemäß § 31 zu verstehen ist.
- Frauen, die häusliche Gewalt erlebt haben, sollen ihren Aufenthaltstitel ohne weiteres verlängert bekommen und zwar zunächst für 1 Jahr, um ihnen Zeit zu geben, Deutsch zu lernen, Arbeit zu suchen oder einen Ausbildungs-/Studienplatz zu suchen. Es geht nicht darum, jeder Frau, die häusliche Gewalterfahrung für sich reklamiert, ungeprüft einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu gewähren. Im Gegenteil: es geht darum, Frauen, die sich aus einer von Gewalt geprägten Beziehung lösen, Zeit zu geben, auf eigenen Füssen zu stehen. Ein Leben in Angst und mit Unsicherheit blockiert ihre Zukunftsperspektive.
- Bessere Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden. Wichtig ist es, auch die Mitarbeiter*innen der Behörde für das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder zu sensibilisieren. Keine Frau sollte die Mitarbeiter*innen der Ausländerbehörde mehr fürchten als ihren Ehemann.
Jede Frau hat das Recht, in einer Welt ohne Gewalt zu leben, unabhängig davon, woher sie kommt. Deutschland soll Opfer von häuslicher Gewalt schützen und sie nicht abschieben.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 des Grundgesetzes)